Der Wernigeröder NachtwächterDas Original
Gesellschaft für historische Alltagsgeschichte e.V.
Stadtführung mit dem Nachtwächter von Wernigerode
„Lobet den Herrn…“, so beginnt der Wernigeröder Nachtwächter Rudolf Nüchterlein seine Runde durch die schöne Fachwerkstadt Wernigerode. Im Zentrum der Stadt, auf dem historischen Marktplatz, nahe des alten Wohltäterbrunnens erzählt der Wächter der Nacht viele Geschichten aus der alten Stadt.
Früher hatten die Nachtwächter in Wernigerode mehrere Aufgaben, dies würde man heute als sogenannte Nebenjobs bezeichnen, um sich noch ein paar Pfennige hinzuzuverdienen. Mal waren die Nachtwächter im Tageserwerb Schweinehirten, mal Totengräber oder auch Flurwächter. Nun, da die Nachtwächter des tags und des nachts arbeiteten, geschah es nicht selten, dass sie während ihres Dienstes einschliefen. Um dem vorzubeugen wurden sie durch den Magistrat kontrolliert und hatten deshalb ihren Stundenruf zu tätigen.
Während es in früherer Zeit bis zu 28 Rufstellen in Wernigerode gab, führt die heutige nächtliche Runde vom Rathaus über den Klint, Wernigerodes höchster Erhebung und Ausgangspunkt der mittelalterlichen Siedlung, und dann hin zur alten Walkmühle, welche schiefer ist , als der Turm zu Pisa.
Erste Nachweise der Wernigeröder Nachtwächter lassen sich in den alten Bürgerbüchern der Stadt finden. Anzunehmen ist, dass mit Verleihung des Stadtrechts 1229 und der Übernahme von Zoll- und Wehrrechten an der Wernigeröder Stadtmauer durch die Kommune 1279 auch die ersten Nachtwächter zum allabendlichen Einsatz kamen.
Aus dem Jahre 1796 stammt eine historische Quelle, welche sich mit den Wernigeröder Nachtwächtern beschäftigt:
Im Jahr 1861 veröffentliche man in der Wernigeröder Tagespresse den Hinweis, dass die Wernigeröder Nachtwächter fortan ihre Stundenrufe nur noch mit einer Pfeife auszuüben hätten und das Horn nur noch für die Mitteilung einer Feuergefahr zu verwenden sei.
Da sich die Wächter der Nacht oft in ihren dunklen Wachstube verkrochen hatten, entschied man 1896, fortan das Wachlokal zu erleuchten. Die Wernigeröder Nachtwächter hatten zudem auch die Aufgabe, die städtischen Gaslampen auszumachen.
Zu Beginn des Jahres 1914 erreichte den Nachtwächter Friedrich Keppler in Nöschenrode folgende Mitteilung der Gemeindeverwaltung: Wir müssen Ihnen zu unserem Bedauern mitteilen, dass wir vom 1. März d.J. ab vorläufig auf ihre Dienste verzichten müssen, da die zu Ihrer Besoldung vorhandenen Mittel verbraucht sind. Sobald uns die diesbezüglichen Gelder von der Gräflichen Behörde bewilligt werden, werden wir Sie wieder einstellen.“ Und er wurde wieder eingestellt, wie Unterlagen aus dem Jahr 1919 belegen. Alsdann endete 1927 jedoch die Tätigkeit der Wernigeröder Nachtwächter.
Erst der heutige Wernigeröder Nachtwächter – das Original – Rudolf Nüchterlein hat diese Tradition im Jahr 2002 wiederbelebt und zieht seitdem mehrmals die Woche seine interessante und spannende Runde durch das alte Wernigerode.
Die Rundgänge zu den interessantesten Plätzen der Stadt dauern etwa 1 1/2 Stunden.
Einzelpersonen und kleine Gruppen kommen ohne Anmeldung,
Gruppen über Stadtschreiber Tel. s.u.
nachtwaechterwr1@gmail.com oder direkt beim Nachtwächter (s.u.)
Kinder/Schüler frei, Erwachsene 8 €
Auch ein Gutschein für eine NW-Runde ist eine gute Idee!
Die Rundgänge finden das ganze Jahr statt.